Zwischen Totengräbern und dem Glück

Liebe Schülerinnen und Schüler,

2013: Ich konnte nicht mehr, ich wollte nicht mehr, ich ertrug es nicht mehr, in diese Einsamkeit, Verlassenheit, Hilflosigkeit gestoßen zu werden von Menschen, die kurz vor Fertigstellung einer Schülerzeitung keinen Bock mehr haben, jetzt Urlaub machen, andere Prioritäten setzen oder nur: keine Zeit mehr haben! Diese Einsamkeit, Verlassenheit, Hilflosigkeit war wie ein Fluch, der mich verfolgte, erschöpfte, auslaugte. Der coole Chefredakteur-Schnösel, der uns nach einem Jahr Arbeit und allen abgegebenen Artikeln kurz vor der Drucklegung erklärte: „Hey, Leute, blöd gelaufen, ich hab‘ nichts gemacht, ich weiß, das ist Scheiße, ist halt so, tut mir leid!“ Und als wir alle auf ihn losgingen, meinte er nur: „Ich hab‘ mich doch entschuldigt, was wollt ihr mehr?“ Die Administratorin: Monate vor ihrem einjährigen US-Aufenthalt: „Kein Problem, schaffe ich!“ Wochen davor: „Schaffe ich!“ Tage davor: „Jetzt habe ich anderes zu tun!“ Und nun erneut vor der Drucklegung der Printausgabe – Monate, Wochen, Tage des Fragens, Bittens, Mahnens – die schlussendliche Antwort: „Auch ich will mal Ferien machen!“ Ich stehe einsam, verlassen und hilflos mit einer erschlagenden Masse an Artikeln, Fotos und Werbebannern da. Die türkische Redakteurin erbarmte sich meiner, Samstag um Samstag saßen wir am Computer. Ich hatte kaum noch Kraft, sie reichte noch bis zur Printausgabe, dann entschloss ich mich, die Schülerzeitung zu „schmeißen“. Ich konnte nicht mehr, ich konnte nicht mehr eine Welt ertragen, in der man in dieser Gleichgültigkeit über gemeinsame Projekte und über Menschen hinwegtrampelte, sie dem eigenen Auslebewahn opferte – ohne mit der Wimper zu zucken, ohne einen Hauch von Schuldgefühlen.

Ich zitiere hier wenige Auszüge aus meinem Wut-Artikel, fast schon ein schulischer Verzweiflungsartikel, in der damaligen Printausgabe:

„…Wie bei allen Printausgaben da­vor stand ich in den entscheiden­den Wochen auch diesmal mehr oder minder allein da, und genau dann, als ich am stärksten die Hilfe der Re­daktionsmitglieder gebraucht hätte. Mehrere traten gleich aus, als es ans Ak­quirieren von Anzeigen ging, an­dere tauchten ab, so machten Serpil, die Verlässli­che, und ich fast alles vor Ort allein! Es sind die 70-%-Typen, die einen in den Grenz­bereich der eige­nen Kraft bringen: 30% Leistung aus Strohfeuer-Be­geisterung, 40% Leistung durch Druck und 30% kann ein anderer ma­chen. Diese 70%-Typen vergäl­len einem jedes anspruchsvolle Projekt!

Ich habe sie „gefressen“ diese Verantwortungslosen, überall drin, aber nirgends da­bei, – diese Gleichgültigen, die es überfordert, täglich die Mails der Schülerzeitung zu lesen, obgleich sie sich stundenlang mit Facebook-Nichtigkeiten aufhielten. Ich schütze meine Anspruchsredaktion vor diesen Unzuverlässigen durch die Verpflich­tungserklärung und die dreimonatige Probezeit: klare Regeln, klarer Kurs und oft auch klare Trennung! Dafür schätze ich die Verlässlichen, die Engagierten, die Kreativen, de­nen die Zeitung ihre vielen Erfolge verdankt. Ich will und werbe für die motivie­rende Leistungsschule! Ich hasse dieses Billige, dieses Halbfertige, dieses Minimalistische! Ich er­trage nur schwer diese Sklaven der eigenen Lustlosigkeit, diese Menschen, die nicht wissen, weshalb sie überhaupt auf unserer Schule sind, die ohne Ziel, Plan und Power durch den Schultag „vegetieren“, Wochenende und Ferien als Rübe vor der Nase, um sich überhaupt zu bewegen! …

Eine motivierende Leistungsschule bietet Freiräume, in denen junge Menschen ihre Selbstwirksamkeit spüren, Anerkennung finden, Kreativität entfalten, folglich für die Zukunft gestärkt wer­den. So ein Freiraum für Engagierte ist unsere Schülerzeitungs-Redaktion, in der wir schon das Morgen im Heute leben, in der die Ideen eines jeden gewürdigt und oft auch gemeinsam umgesetzt werden. Jeder bringt seine Fähigkei­ten ein und die Fä­higkeiten eines jeden werden gleich einem Puzzleteil zu einem Gesamtbild, konkret zur Erfolgsgeschichte der „Financial T(’a)ime“. Wer in dieser An­spruchsredaktion seine FT-Begeisterung lebt, bereit ist auch mal an seine Gren­zen zu gehen, wird nicht nur bei der Bewerbung gute Karten haben, wird nicht nur auf Uni und Beruf gezielt vorbereitet, er wird in der Gegenwart Wunderbares spüren, erleben und davon erfüllt sein: das Aufgehen im leidenschaftlichen Tun, der Stolz auf ge­meinsamen Erfolg, …

– und das nenne ich das Glück!!!“

Ich machte dann doch weiter, aber anders! Keine Druckausgabe mehr, nur noch Artikel, entscheidend war aber die neue Redaktion: Mit ihr machte ich extrem viele Aktionen, die wir einerseits minutiös vorbereiteten, andererseits voll Begeisterung und Freude durchzogen. Wir waren wie eine kleine Familie, die gemeinsam plant, gemeinsam powert, gemeinsam isst, gemeinsam einkauft (Schlecksachen), gemeinsam reist (Holland, Berlin) und gemeinsam Freizeit genießt – vom Panzerfahren, Fechten, Open-Air-Kino über den Höhengarten bis zu den Achterbahnen im Europapark. Es war meine glücklichste Schülerzeitungszeit.

Engagierte, packt die Schülerzeitung an – mit Entschlossenheit, Begeisterung und Durchhaltevermögen! Es lohnt sich – für euch!

Klaus Schenck (Artikel + Fotos)

Serie „Schülerzeitungsermutigung“ im Überblick

– 01: „10 Jahre Jugendseite„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/10-jahre-jugendseite/
– 02: „Redaktionsgröße – Zwei-Pizza-Regel„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/redaktionsgroesse-zwei-pizza-regel/ 
– 03: Start: „Wo werden wir schlau getrimmt?„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/start-wo-werden-wir-schlau-getrimmt/ 
– 04: „Nicht piensen – ‚Geld-Scheißerle‘ kreieren!„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/nicht-piensen-geld-scheisserle-kreieren/ 
– 05: „Beratender Lehrer – nur ‚was für ganz Harte und Begeisterte„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/beratender-lehrer-nur-was-fuer-ganz-harte-und-begeisterte/ 
– 06: „Wir waren in der Vergangenheit schon in der Zukunft„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/wir-waren-in-der-vergangenheit-in-der-zukunft/ 
– 07: „Traum – wir werden Weltschülerzeitung„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/traum-wir-werden-welt-schuelerzeitung/ 
– 08: „Die Chinesen kommen…„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/die-chinesen-kommen/ 
– 09: „Traum von Amsterdam…„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/traum-von-amsterdam/ 
– 10: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/berlin-berlin-wir-fahren-nach-berlin/ 
– 11: „Mit der Kamera in neue Dimensionen„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/mit-der-kamera-in-neue-dimensionen/ 
– 12: „Abi-Sendungen – unser Markenzeichen„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/abi-sendungen-unser-markenzeichen/ 
– 13: „Medien-Macher, Medien-Hilfe, Medien-Tag„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/medien-macher-medien-hilfe-medien-tag/ 
– 14: „Printausgabe vs. Internet-Zeitung„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/printausgabe-vs-internet-zeitung/ 
– 15: „Kooperation mit der Universität Würzburg„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/kooperation-mit-der-universitaet-wuerzburg/ 
– 16: „Kooperation mit dem Rotary-Club„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/kooperation-mit-dem-rotary-club/ 
– 17: „Trommelt euch in die Lokalpresse„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/trommelt-euch-in-die-lokalpresse/ 
– 18: „SWR-Besuch: Von Wetterfröschen, Werbe-Profis und einem Moderatoren-Traum„:   https://www.schuelerzeitung-tbb.de/swr-besuch-von-wetterfroeschen-werbe-profis-und-einem-moderatoren-traum/ 
– 19: „Geheimwaffe beim Vorstellungsgespräch – die Schülerzeitung„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/geheimwaffe-beim-vorstellungsgespraech-die-schuelerzeitung/ 
– 20: „Zwischen Totengräbern und dem Glück„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/zwischen-totengraebern-und-dem-glueck/
– 21: „Zur Freundschaft ‚durchgefressen‚“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/zur-freundschaft-durchgefressen/
– 22: „Panzerfahren – das intensive Gemeinschaftserlebnis„: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/panzerfahren-das-intensive-gemeinschaftserlebnis/  

Schülerzeitung

Link zu den Rückblicks-Artikeln: https://www.klausschenck.de/ks/jugendseiten/schuelerzeitungsermutigung—15-jahre-rueckblick/index.html

Link zur Schülerartikel-Homepage: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/

Empfohlene persönliche Artikel

Powertypen, resigniert nicht, ihr seid das Salz der Schule! Wenn dieses Salz fad wird, wovon soll die Schule leben, wovon die Schüler zehren – und wovon ihr selbst?

Materialien für Lehrer und Schüler

Klaus Schenck, OSR. a.D.
Fächer: Deutsch, Religion, Psychologie
Drei Internet-Kanäle:
Schul-Material: www.KlausSchenck.de
Schüler-Artikel: www.schuelerzeitung-tbb.de
Schul-Sendungen: www.youtube.com/user/financialtaime
Trailer: Auf YouTube ansehen
„Vom Engagement-Lehrer zum Lehrer-Zombie“/Bange-Verlag 2020:
Info-Flyer: Download

Über den Autor

Klaus Schenck unterrichtete die Fächer "Deutsch", "Religion" und "Psychologie". Er hatte 2003/04 die Schülerzeitung "Financial T('a)ime" (FT) zunächst als Printausgabe ins Leben gerufen, dann 2008 die FT-Homepage, zwei Jahre später die FT-Sendungen auf YouTube (www.youtube.com/user/financialtaime) , zusätzlich ist noch seine Deutsch-Homepage (www.KlausSchenck.de) integriert, sodass dieses "Gesamtpaket" bis heute täglich auf rund 1.500 User kommt. Mit der "FT-Abi-Plattform" wurde ab 2014 das Profil für Oberstufen-Material - über die Schülerzeitung hinaus - geschärft, ab August 2016 ist wieder alles in einer Hand, wobei Klaus Schenck weiterhin die Gewichtung auf Schulmaterial beibehält und die Internet-Schülerzeitung (FT-Internet) bewusst auch für andere Interessierte öffnet.

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