Joseph von Eichendorff: „Das Marmorbild“ – Inhalt in Briefform

Liebe Schülerinnen und Schüler,

„Es war ein schöner Sommerabend, als Florio, ein junger Edelmann, langsam auf die Tore von Lucca zuritt…“ „Da gesellte sich, auf zierlichem Zelter (= Reitpferd) desselben Weges ziehend, ein anderer Reiter in bunter Tracht … freundlich grüßend zu ihm…“ „Ich habe jetzt das Reisen erwählt, wenn der Frühling von der wunderschönen Ferne verlockend sang…“ Mehr braucht ihr nicht, um alles recht gut einordnen zu können. Alles schön, jung, edel, zierlich, freundlich – im Gegensatz zu unserer derzeitigen Situation ist es nur eines: vollkommen romantisch! Bingo: Spätromantik (1815-1848), Novelle: veröffentlicht 1818. Italien, verlockende Ferne, Frühling, Gesang und Lieder, ziemlich klar: Joseph von Eichendorff. Zeit dieser Märchennovelle: spätes Mittelalter. Jetzt brauchen wir für Florio noch ein Mädchen – Begegnung eine Textseite weiter: ein Mädchen „von zierlicher, fast noch kindlicher Gestalt…“ Und nun muss es noch eine Böse geben, die dem Mädchen ihren Florio abspenstig macht. Es ist die mit allen Wassern weiblicher Verführung gewaschene Venus, das zu Leben erweckte Marmorbild. So, und wer die besseren Karten bei dem so unerfahrenen Florio hat, das erfahrt ihr jetzt in meiner kurzen Inhaltsangabe.

Vor den Toren der Stadt ist gerade ein Fest. Der andere Reiter, der sich später als der berühmte Sänger Fortunato herausstellt, verabschiedet sich und verschwindet im Getümmel. Bald begegnet Florio der blumenbekränzten Bianka, nähert sich ihr ganz schicklich an der Essenstafel mit einem kurzen Gedicht und küsst sie. Nix happy end, sondern happy start! In diese festlich entspannte Feierrunde tritt mit einem Schlag der schwarze Ritter Donati, der Florio total verwirrt, indem der Dunkle vorgibt, Florio aus dessen Kinder- und Jugendzeit her zu kennen. So viele Begegnungen in wenigen Stunden bringen Florio komplett aus dem Gleichgewicht, er kann in der Herberge nicht schlafen, geht nachts ins Freie und trifft in einem Park auf eine Venusstatue, die für Momente für ihn zum Leben erwacht, aber nur für Momente, das Ideal weiblicher Schönheit ist in die Seele des Unerfahrenen gelegt – voll Begehrens und Sehnens.

Am Morgen warnt Fortunato den frisch Verliebten vor weiblicher Verführung, umsonst, Florio hört kaum zu, in ihm glüht’s. Zur schwülen Mittagszeit trifft er beim Herumirren und -suchen auf eine lautenspielende schöne Dame in einem bezaubernden Garten, die sich ihm entzieht. Donati, der schwarze Ritter, ist nicht weit und verspricht Florio ein Treffen mit der Schönen zu arrangieren.

Sonntag, Donati tritt in die Stube Florios, dieser denkt hoffnungsvoll nur eines: Treffen! Falsch gehofft, dafür Jagd, und das am Sonntag, am heiligen Sonntag, ein Angebot des Frevels. Florio lehnt tief betroffen ab, der Dunkle flieht beim Klang der Kirchenglocken, dafür taucht kurze Zeit später Fortunato auf und lädt Florio zu einem Maskenball am kommenden Tag ein mit dem Versprechen, einer Bekannten zu begegnen. Florio denkt natürlich nur an seine Schöne!

Beim Maskenball trifft Florio auf eine zierliche, als Griechin verkleidete Gestalt, die ihm eine Rose gibt. Beim Tanz sieht er die gleiche Griechin doppelt am Ende des Saales, folgt ihr nach draußen, fragt sie nach ihrem Namen und stellt mir Schrecken fest, es ist Venus. Die andere Griechin, die zierliche Bianka, lässt Florio bei seiner Rückkehr links liegen.

Tage später arrangiert Donati ein Zusammentreffen mit der Schönen in ihrem tempelartigen Palast. Und die Schöne geht so richtig ran, also voll und entkleidet sich verführerisch. Da hört Florio ein „altes frommes Lied“, das ihn zur Besinnung bringt, das ganze Spukschloss wird lebendig und die Schöne versteinert zum Marmorbild, doch die Sehnsucht nach der vollkommenen Schönheit treibt Florio fast in den Selbstmord. Er verlässt Lucca am Morgen, trifft auf drei Reiter: Fortunato, dann noch Biankas Onkel und einen „Knaben“. Sie reiten an der Ruine, der Stätte Venus‘, vorbei, Fortunato erzählt nebenbei von seinem gestrigen Lied dort und stellt der verführerischen Venus die christliche Gottesmutter Maria entgegen. Florio dankt Gott für seine Rettung, und dies öffnet in ihm das Erkennen des „Knaben“, es ist Bianka, für die er sich – voll innerem Glück – als seine Braut entscheidet.

Nehmt euch ein wenig Zeit für diese kurze Novelle, spürt den Zauber nach und taucht ein in diese uns so fremde Welt!

Klaus Schenck

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Über den Autor

Klaus Schenck unterrichtete die Fächer "Deutsch", "Religion" und "Psychologie". Er hatte 2003/04 die Schülerzeitung "Financial T('a)ime" (FT) zunächst als Printausgabe ins Leben gerufen, dann 2008 die FT-Homepage, zwei Jahre später die FT-Sendungen auf YouTube (www.youtube.com/user/financialtaime) , zusätzlich ist noch seine Deutsch-Homepage (www.KlausSchenck.de) integriert, sodass dieses "Gesamtpaket" bis heute täglich auf rund 1.500 User kommt. Mit der "FT-Abi-Plattform" wurde ab 2014 das Profil für Oberstufen-Material - über die Schülerzeitung hinaus - geschärft, ab August 2016 ist wieder alles in einer Hand, wobei Klaus Schenck weiterhin die Gewichtung auf Schulmaterial beibehält und die Internet-Schülerzeitung (FT-Internet) bewusst auch für andere Interessierte öffnet.

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