Faule Säcke aller Länder – werdet Lehrer in Baden-Württemberg!

Frisch gelandet, mächtig viel Faulheit im Gepäck, null Bock auf nichts, schon gar nicht auf Arbeit! Beste Voraussetzung für eine Bewerbung als Lehrer!

Und die Macher des Plakats schaffen es, in acht Wörtern („Mach was dir Spaß macht und werde Lehrer*IN“) gleich zwei Kommafehler (!) reinzuhauen, „was dir Spaß macht“ ist ein eingeschobener Nebensatz. Keine Ahnung von Kommasetzung, aber politisch korrekt, beste Voraussetzung für eine Karriere am Kultusministerium! Wie kann man von dort etwas anderes als dieses Plakat erwarten?

Hey, tickt ihr noch richtig? Gefühlt: Hass und Hetze im Netz, da regt ihr euch auf wie blöd, aber populistisch Hass und Hetze auf Plakaten am Stuttgarter Flughafen, – geschenkt, ist ja nicht im Netz und gilt zweitens nur Lehrern: wertlos, unfähig und zu blöd zu allem! Und die Logik des Kultusministeriums: Was regt ihr euch auf? Wir schreiben doch nur, was alle denken, was alle wissen, was alle von euch halten. „Gestrandet auf dem Flughafen, kein Bock auf Arbeit, drei Monate Ferien, neun Monate Halbtagsjob, ganz viel Spaß und gut bezahlt“ – die neue Stellenbeschreibung des Lehrerberufs fürs nächste Werbeplakat!

Ihr Ministeriums-Menschen auf euren gepolsterten Bürostühlen, vor großen Schreibtischen, in ruhigen Büros, was wisst ihr von uns? Da rotzen uns manche Eltern ihre Kinder vor den Latz, dass es nur so kracht: gestört, stinkfaul, frech, und was wird am Elternsprechtag voll abgelästert: „Nicht mal mit dreißig Schülern werden die fertig! Unfähiges Lehrerpack!“

Nochmals, Ministeriums-Menschen, was wisst ihr von uns? Was wisst ihr von unserem Alltag? Wir – die Rechtlosen, Wertlosen, Würdelosen – grüßen euch! In den Schul-Arenen werden wir von Schülern, Eltern, Schulleitungen, Ministerialbeamten und leider oft auch von den eigenen Kollegen gehetzt, gejagt, zur Strecke gebracht. Und was winkt den Überlebenden? Ich habe überlebt, ich bin regulär in Pension, ich kann zurückblicken, ich weiß, wovon ich schreibe.

Mich empört das Plakat – meinen Lehreralltag vor Augen! Ich kam teilweise auf siebzig Stunden pro Woche. Die Schülerzeitung forderte 15 Stunden, bleiben immer noch 55: Am Nachmittag Stunden vorbereitet, am Wochenende Klassenarbeiten entworfen und schnelle Korrekturen erledigt, in den Ferien Deutsch-Klassenarbeiten und -Hausarbeiten korrigiert. In den Unterrichtsstunden alles gegeben, nicht nach Spaß gefragt, aber mit innerem Engagement in konzentrierter Stille interpretiert, reflektiert und durch Schülerfragen neu bedacht. Ich liebte meinen Beruf, am Ende immer weniger, aber ich hielt durch, ich bin zäh, ich überlebte!

Und, Eltern, ich frage euch: Wollt ihr die Flughafen-Gestrandeten mit Faulheits-Gepäck, die man mit Spaß-Versprechungen köderte – wie mit Bananen Affen aus dem Urwald, wollt ihr die für eure Kinder?

Faule Säcke – werdet Lehrer!

Arme Schüler!

Artikel und Fotos: Klaus Schenck, 2023

Links zum Artikel

Flughafen-Plakat: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.werbekampagne-in-stuttgart-realschullehrer-entsetzt-ueber-skandaloese-lehrerwerbung.96f9f8b3-28ac-4c81-b7d5-f877f6ef3dea.html (02.08.2023)

In der ‚pädagogischen Jauchegrube‘“ (Originaltitel des Interviews in den „Fränkischen Nachrichten“/Digital/4.8.2023): https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f30-1-fn-5-8-2023-kumi-plakataktion-internetar.pdf und als Zeitungsseite (5.8.2023): https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f30-2-2023-08-05_fraenkische_nachrichten_-_tau.pdf

Pädagogik-Artikel-Ordner: https://www.klausschenck.de/ks/veroeffentlichungen/paedagogik/index.html

Schülerzeitung/„FT-Abi-Plattform“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/category/ft-abi-plattform/

„Liebesbrief an die Schule“: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/g83-2019-blv-liebesbrief-2019-3-neu.pdf

Aufruf 2020 zu meinem „Lehrerbuch“: Leute, ‚versaut‘ uns Lehrer nicht!: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f02-buch-2.-flyer-ueberblick-internet.pdf

Es sind die Lehrer, die Generationen von Schülern prägen – positiv oder negativ!

Leute, „versaut“ die Lehrer nicht, Leute, gebt Lehrern eine Lobby, gebt Lehrern eine Stimme, achtet auf die Lehrer – es geht um eure Kinder, um deren Zukunft, um die Zukunft unseres Landes!

Dafür habe ich mein „Lehrerbuch“ geschrieben, dafür kämpfe ich!

Reaktionen auf den Zeitungsartikel – bereits in der Nacht

Am Erscheinungswochenende 3.000 Artikel-Klicks (Online-Ausgabe), üblich pro Artikel: einige hundert

die neueste Rückmeldung ist immer oben

Die Farce vom Stuttgarter Flughafen habe ich mitbekommen und auch Deinen Artikel habe ich taufrisch gelesen. So Leute für unseren Beruf anzuwerben…. Das ist echt unglaublich und stellt uns natürlich in ein super Licht! Welche Erwartungen hier gebildet werden! Die Abbrecherquote bei Quereinsteigern ist ja recht hoch, gerade weil man unterschätzt, was der Beruf erfordert. Sie werden ja regelrecht hineingeschmissen ohne jegliche Unterstützung, ganz nach dem Motto: Das kriegt jeder hin. Habe Spaß! Man kann den Beruf einfach nur beurteilen, wenn man ihn auch ausübt. Danke, dass Du Dich hier auch dagegengestellt hast, das war mutig und das braucht es!

„FN“, 10. August 2023

Ich bin entsetzt und schockiert über die Dummheit und Dreistigkeit dieser Idioten im KM. Wie kann man sich nur selbst so ein Bein stellen? Wir haben in allen Schularten Lehrermangel, viele Lehrkräfte gehen aus gesundheitlichen Gründen früher in Pension, immer mehr auf Lehramt Studierende brechen ab und, und, und … Und ganz ehrlich – viele unserer Mitbürger haben inzwischen erkannt, dass der Lehrerberuf, wenn man ihn mit Herzblut und Tatkraft ausübt, kein Zuckerschlecken ist. Vielen Dank für deine klaren und leidenschaftlichen Worte.

Respekt, Lob und Anerkennung für Ihre unmissverständliche Meinung und klare Haltung!

Vielleicht sieht jetzt die Gesellschaft mal, wie wir das ganze Jahr über behandelt werden. Es ist, als spucke jemand einem ins Gesicht und schlage gleichzeitig noch mit voller Wucht ins Genick. Man geht total kaputt in die einzigen Ferien, die man wirklich hat, und kriegt so etwas noch vor den Latz geknallt. Hinsetzen und heulen – mehr geht nicht mehr. Und vielleicht im nächsten Schuljahr ab und zu „keinen Bock haben“… Ganz schlimme Aktion.

Fauler Sack grüßt faulen Sack und gratuliert zum trefflich formulierten geharnischten Protest. Die Lehrerverbände sollten dich zum Ehrenmitglied ernennen… 90 Prozent der Leser werden berechtigten Beifall klatschen, 10 Prozent erleben Lehrkräfte von Mai bis September im Freibad.

Lieber Klaus, habe Deinen mutigen Artikel mit großem Interesse gelesen. Wo Du recht hast, hast Du recht!

Guten Abend Herr Schenck, nun muss ich Ihnen noch ganz kurz DANKE sagen für Ihr FN-Interview in der morgigen Ausgabe. Wir haben uns hier auch schon über diese selten dämliche Werbekampagne ausgelassen und sind Ihnen für die öffentlichen und deutlichen Worte dankbar.

Hallo Herr Schenck, chapeau! Komplett richtig. Eins mit Stern! Ich habe wegen der Kommafehler bei der in der Anzeige genannten Adresse angerufen und darauf hingewiesen. Kommentar: Das sei künstlerische Freiheit. Ich sagte diesem Hochintelligenten, dass das Lehrer in Zukunft beherzigen könnten und dies zu Schnitten von 1,0 führen würde.

Ja super! Habe es meinen Lehrerbekannten weitergeleitet. Wobei bei denen eh schon die Stimmung sehr schlecht ist. Sobald meine Freundin ein anderes adäquates Jobangebot hat, wird sie ihren Lehrerjob an den Nagel hängen. Sie ist sehr engagiert und bekommt nur Gegenwind.

Das „TikTok-Kultusministerium“ und die Aufmerksamkeitssucht

Jetzt doch: das Lehrergewinnungsplakat auf dem Stuttgarter Flughafen wird leicht verändert – aus „Gelandet und gar keinen Bock auf Arbeit morgen?“ wird „Gelandet und gar keinen Bock auf deine jetzige Arbeit?“, alles andere bleibt! Das Plakat ist „verbrannt“, die Aktion den Bach der Peinlichkeit runter, aber das Kultusministerium kapiert’s nicht, wie es wohl vieles nicht kapiert! Und der Lehrerberuf als Spaßberuf – diese fette Lüge bleibt!

Die ständige Argumentation des Ministeriums: Wir wollen Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit – koste es, was es wolle! So blöder, so besser, Glückwunsch: Sie haben es gepackt! Das ist die TikTok-Philosophie – Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit – so krasser, so besser, Hauptsache: gesehen! Jeder Lehrer in Baden-Württemberg kennt inzwischen Ihr Plakat – mag er auf der Welt gewesen sein, wo er wollte, ihm ist dieses Plakat begegnet, er musste dazu nicht auf den Flughafen nach Stuttgart. Und die erste Reaktion der meisten Lehrer: Das ist ein Fake-Plakat, das kann’s ja wohl nicht sein, Sprachlosigkeit! Das Kultusministerium weiß noch seine Lehrerschar zu verblüffen – selbst in den Ferien!

Das Plakat hat sich eingebrannt in unsere Lehrerköpfe, daran ändert die Korrektur nichts, sie wird gar nicht wahrgenommen. Anfang September werden zu Ferienende auf dem Stuttgarter Flughafen wohl Tausende Lehrer kurz hochschauen: oh, hängt noch immer! Und in einigen verändert sich spontan der Text: „Gelandet und keinen Bock auf Schule morgen? HURRAAA! Mach, was dir Spaß macht, und kündige. Jetzt sich neu bewerben!“ Nur für ein bisschen Aufmerksamkeit hat das „TikTok-Ministerium“ das Image seiner Lehrer verbrannt, die Fürsorgepflicht in ein Draufschlag-Happening verwandelt und – darüber staunen ja fast alle – dies in seiner Empathielosigkeit, seiner Abgehobenheit und seiner Blindheit gegenüber dem Lehrer-Engagement gar nicht bemerkt. Wehe dem Lehrer, der in die Hände dieser Menschen fällt, er hat schon verloren, bevor der Zug in den Stuttgarter Bahnhof einfährt.

Dieses Plakat wird nicht vergessen werden! Dieses Plakat hat sich in Millionen von Bürgern tief eingesenkt – auch in Österreich und der Schweiz, die Minikorrekturen vergrößern eigentlich nur den Brandschaden am Lehrer-Image. Die Einsichtslosigkeit des Kultusministeriums in das komplette Scheitern dieser Werbeaktion macht erneut sprachlos. Sprachlos macht auch die komplette Fehleinschätzung der Wirkung des Plakats. Wenn es die Ministeriums-Menschen schon nicht spüren, dann hätte eine Plakat-Stunde in einem Kaufhaus in Stuttgart genügt, um die Reaktion zu beobachten und die Finger davon zu lassen. Das Plakat mag jetzt sprachlich eindeutig sein, aber es hilft nichts!

Und wenn der neue Quereinsteiger/“Poldi“ (Abkürzung in der Schweiz: „Person ohne Lehrdiplom“) dem Lehrerkollegium vorgestellt wird, denken fast alle im Raum: Flughafen-Gestrandeter, Null-Bock-Typ, Spaß-Junkie – nein danke, wir haben schon genug Probleme! Wie man mit Steuergeldern nur Schaden bei allen anrichten kann, auch das macht sprachlos!

Artikel und Fotos: Klaus Schenck, 2023

Lehrerfreude, Lehrerleid, Lehrerglück, Lehrerdunkelheit:

Engagement-Lehrer – Lehrer-Zombie

Wie Sie uns Lehrer besser verstehen:

Informationen zum „Lehrerbuch“ für

Animations-Fuzzis (Dauer: 59 Sekunden): https://www.youtube.com/watch?v=woFEVPALHUQ

Leser (Info-Flyer, Dauer: 5 Minuten): https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f02-buch-1.-flyer-ueberblick-internet.pdf

Interessierte (Buch, Dauer: ein verregnetes Wochenende): Klaus Schenck: „Vom Engagement-Lehrer zum Lehrer-Zombie“, Bange-Verlag 2020, ISBN: 978-3-8044-1398-6, 16 Euro

Gestaltet als Hybrid-Lektüre: Buch als Lektüre, das Internet als Ergänzung und eingelesene Artikel auf YouTube zum Anhören

Zentrale Kapitel:

2. Kap.: 20 Jahre Schule im Artikel-Spiegel (Veröffentlichungen als „Schul-Kassandra“, Warnungen blieben ungehört, jetzt haben wir den „Schul-Salat“)

4. Kap.: Moderne Seuche – Das Handy (gemeinsames Projekt der Schülerzeitung)

8. Kap.: Vom Engagement-Lehrer zum Lehrer-Zombie (u.a. „In der ‚Hölle‘ glücklich“)

10. Kap.: Trotz allem – Ja zum Lehrerberuf! (u.a. „Liebesbrief an die Schule“)

Powertypen, resigniert nicht, ihr seid das Salz der Schule! Wenn dieses Salz fad wird, wovon soll die Schule leben, wovon die Schüler zehren – und wovon ihr selbst?

Lehrkräfte geben Landesregierung schlechte Noten

Stuttgart. Lehrerinnen und Lehrer an Grund- und weiterführenden Schulen stellen der Landesregierung in der Bildungspolitik ein schlechtes Zeugnis aus. Wie aus einer Umfrage der Gewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE) hervorgeht, gaben Grundschullehrkräfte dem Land im Schnitt die Note 4,5. Lehrkräfte an Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen gaben eine 4,7. „Die Politik verspielt ihren letzten Kredit bei den Lehrerinnen und Lehrern – das Ergebnis ist ein geradezu ernüchterndes Zeugnis“, sagte VBE-Chef Gerhard Brand bei der Vorstellung der Umfrage…

(„Fränkische Nachrichten/“Mannheimer Morgen“: 09.04.2024, S. 4)

Materialien für Lehrer und Schüler

Klaus Schenck, OSR. a.D.
Fächer: Deutsch, Religion, Psychologie
Drei Internet-Kanäle:
Schul-Material: www.KlausSchenck.de
Schüler-Artikel: www.schuelerzeitung-tbb.de
Schul-Sendungen: www.youtube.com/user/financialtaime
Trailer: Auf YouTube ansehen
„Vom Engagement-Lehrer zum Lehrer-Zombie“/Bange-Verlag 2020:
Info-Flyer: Download

Über den Autor

Klaus Schenck unterrichtete die Fächer "Deutsch", "Religion" und "Psychologie". Er hatte 2003/04 die Schülerzeitung "Financial T('a)ime" (FT) zunächst als Printausgabe ins Leben gerufen, dann 2008 die FT-Homepage, zwei Jahre später die FT-Sendungen auf YouTube (www.youtube.com/user/financialtaime) , zusätzlich ist noch seine Deutsch-Homepage (www.KlausSchenck.de) integriert, sodass dieses "Gesamtpaket" bis heute täglich auf rund 1.500 User kommt. Mit der "FT-Abi-Plattform" wurde ab 2014 das Profil für Oberstufen-Material - über die Schülerzeitung hinaus - geschärft, ab August 2016 ist wieder alles in einer Hand, wobei Klaus Schenck weiterhin die Gewichtung auf Schulmaterial beibehält und die Internet-Schülerzeitung (FT-Internet) bewusst auch für andere Interessierte öffnet.

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